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Stier - Töpfern, das Gefäß bilden

Von Ulla Janascheck

 Vom durch Einweihungsriten Wiedergeboren heißt es: “Das weiße Küken kriecht jetzt aus dem Ei, wir sind wie neugebrannte Töpfe”.(1) Das Gefäß der Urzeit ist die Göttin selbst und wurde als solche verehrt. Es zählt zu den Ursymbolen und die Gefäßform und -gestaltung, der Gefäßschmuck und die Brennung gehören zu den Urfunktionen des Weiblichen. Gefäße werden aus einem Ton-Lehmgemisch angefertigt, das der Mutter Erde (Stier) entnommen wird. Einige Schöpfungsmythen berichten, wie der Mensch von der Göttin aus Lehm geformt, und ihm dann durch ihrem Atem Leben verliehen wurde. Das Gefäßformen entspricht also dem Lebenformen. 

Kultgefäße sind Träger magischer Wirkung. Ihre Form entscheidet über ihre Wirkung. So finden wir Schlangengefäße für die magische Transformation, Brustgefäße, wie Schalen, die Fähigkeit der Allernährung ausdrückend, Bauchgefäße, wie Töpfe, in der Funktion die Nahrung umzuwandeln. Gefäße, bei denen aus dem Halsansatz der Göttin Zweige und Ähren sprossen, erinnern mit ihrem elementaren Baumcharakter an das Nahrungsschenken, wohingegen dämonischen Gefäßen, Hausgefäßen (Hausurnen) Schutzfunktionen zugeschrieben wurden. Besondere Bedeutung kommt den als Göttin geformten Gefäßen zu, die ein zweites, kleineres in sich tragen. Der Kopfschmuck von Göttinnen entwickelte sich z.B. aus den beim Ritual auf dem Kopf getragenen Gefäßen. Die Henkel der Gefäße drücken die nach oben gerichtete rituelle Armhaltung aus (siehe Widder).
Die Kultgefäße wurden mit Ornamenten geschmückt, die ihnen besondere Kraft verliehen. Wir finden die Spirale, Doppelspirale, den Kreis, den Doppelkreis, Zickzacklinien, Wellen als typische Urmuster.

Stier und das Gefäß
Gefäße und die Töpferei weisen auf den ernährenden und schützenden Aspekt der großen Göttin hin und daher kann die Stierenergie dieser Tätigkeit zugeordnet werden.
Im Alltag dienen Gefäße der Aufbewahrung, dem Sammeln. Sie überbrücken die Zeit der Verwandlung (z.B. Wein), aus ihnen wird die Nahrung aufgenommen, in ihnen wird sie zubereitet und aus ihnen kann man trinken. Aus Gefäßen kann man etwas anbieten (schenken) und sie rituell einsetzen, indem man magische Speisen und Getränke in sie hineingibt und dann aus ihnen heraus verteilt. Alle diese Fähigkeiten entsprechen der Stierenergie.

Die Töpferin
Die Töpferin verfügt über Eigenschaften, die sich der Stierenergie zuordnen lassen. Sie ist mit der Erde verbunden, ortskundig, denn sie kennt die Stellen, an denen sie das Material für ihre Gestaltung, den Ton finden kann. Diesen trägt sie nach Hause, um ihn dann zu bearbeiten. Dazu braucht sie Geduld, gestalterisches Geschick und Wissen über die Gesetze von Statik und Konstruktion, denn sonst halten ihre Gefäße nicht. Sie braucht auch ein gutes Körpergefühl, die Fähigkeit, in sich selbst zu ruhen und aus ihrer Mitte heraus zu gestalten. Sie verwendet ein weiches, nachgiebiges Material, dass sie ihrem Vorstellungsvermögen gemäß formt. Das Töpfern ist eine ganz archaische (elementare) Kunst. Das, was ihre Hände gestalten, ist direkt als Ergebnis sichtbar, es gibt keinen Umweg. Der Körper der Töpferin formt die Materie. Des Weiteren benötigt die Töpferin Wissen über Temperatur, Trockenzeiten, Mischverhältnisse, d.h. sie besitzt die Fähigkeit zu messen, einzuteilen, zu warten und zu organisieren, denn Größe und Brennzeit der Gefäße bestimmen die Anordnung im Ofen oder der Feuerstelle. Die Töpferin muss also komplexe Situationen handhaben können und Erfahrung besitzen. Sie hat ihre Beobachtungen über die Bedingungen, die zum Ziel führen, bereits gemacht und damit lässt sich nun ein ganzer Prozess erfolgreich durchführen.
Die Töpferin vermag es, kosmische Zusammenhänge auf irdisches Material zu übertragen, denn sie stellt die kultischen Ritualgefäße her, die sie ihrem Wissen gemäß “verziert”. Sie überträgt dabei ihre Beobachtungen in eine ornamentale Mustersprache, die von anderen Eingeweihten verstanden wird. So verleiht sie der Gestalt Leben, denn sie gibt ihr eine besondere magische Wirkung, die dann auf die Empfangenden übergehen kann. Damit übt sie die Handlung der Göttin aus, die wiederum ihr selbst das Leben schenkte, indem sie sie formte und mit ihrem Lebensatem versorgte. Es gibt auch gefäßartige Göttinnenplastiken, die sich wie eine Flöte spielen lassen. Hier bewirkt der Atem, dass sie zu klingen beginnt, und die Welt mit ihrem Klang belebt wird.

Form geben und Beobachten
Die Gefäßgestaltung oder Töpferei kann uns tiefere Einsichten in die Qualitäten der Stierenergie liefern. Die Göttin zeigt sich hier in ihrem formgebenden Prinzip, das der Ernährung auf der innerlichen sowie äußerlichen Ebene dient. Aber nicht nur den Ton formt sie, sondern auch die Erde, denn sie bringt daraus alles hervor, was man zum Überleben braucht. So lernten unsere Vorfahrinnen, sich den Boden nutzbar zu machen, ihn zu bestellen und zu bepflanzen. Sie lernten, die wechselnden Jahreszeiten, das Wetter und wie sich die Pflanzen untereinander vertrugen zu beobachten. Ihr geduldiges Beobachten und Abwarten können schenkte ihnen Einsichten über organische Gesetzmäßigkeiten und die Bedingungen, die Wachstum möglich machen. Sie lernten, sich zu organisieren und zur rechten Zeit zu handeln – denn wenn sie Samen im Winter säten, kam einfach nichts dabei heraus. So lehrt uns die Stierenergie erst einmal zuzuschauen, um dann Erfahrungen zu sammeln und sie letztendlich so zu verwerten, dass sie nähren, auf welcher Ebene auch immer dieser Prozess stattfindet. Die Langsamkeit, Gründlichkeit und Bedächtigkeit ist hier der Weg. Beobachtungen möchten verarbeitet, im Inneren verankert und so abgespeichert werden, dass sie zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Der Handlung geht also ein langsamer Entwicklungsprozess voraus. Erst, wenn ich mir über die Konsequenzen meiner Handlung im Klaren bin, die Wirkung, das Endprodukt und die Schritte, die zur Vervollständigung vonnöten sind, lege ich los, wobei mir aber völlig klar ist, was ich zu tun habe. Ein solches Vorgehen unterscheidet sich deutlich vom Jägerinnenaspekt (Widder) des vorigen Artikels. Die Jägerin bricht auf, um etwas zu suchen, wohingegen die Töpferin aus ihrem Erfahrungsschatz schöpft und diesen verwertet. Die Töpferin kennt das Ergebnis und den Weg, auf dem sie sich orientieren kann.

Körperlichkeit
Auch der Körper ist der Töpferin vertraut, denn diesen bildet sie ja in ihrem Schöpfungen nach. So, wie sie den weichen Ton bearbeitet, kann sie auch andere Körper bearbeiten. Sie kennt die Massage und andere Körpertherapien, denn sie weiß, dass der Körper der Tempel ihrer Seele ist und spendet ihm deshalb besondere Aufmerksamkeit. Sie ist in der Neuzeit vielleicht Krankengymnastin, Masseurin, Osteopathin, Craniosakral-Therapeutin oder ähnliches, denn ihr tiefes Interesse gilt dem Körper und dessen Zusammenhängen mit der Seele.

Wert
Als mit dem ernährenden Prinzip aufs Innigste verbunden ist die Töpferin auch eine Sammlerin und Verwerterin, Köchin und Tauschende. Sie kennt den Wert ihrer Schöpfungen und tauscht diese gegen etwas anderes ein, dass sie braucht. Der Tausch findet auf direktem Weg statt, aus einem Bedürfnis heraus, und ist von daher vom Handel (Zwillinge) unterschieden. Die Töpferin ist Meisterin des Bewahrens, sie hat den ihr bekannten Raum unter ihrer “Kontrolle”, so dass sie für diesen Sorge tragen und sich um ihn kümmern kann. Dies macht sie zu einer verantwortlichen Verwalterin.

Nähren und schützen
Die Töpferin lernt durch ihre Erfahrungen, die durch das Beobachten des Leben entstanden, die Pflanzen und Tiere miteinander zu kreuzen, neue Arten hervorzubringen, zu züchten. Sie domestiziert und zähmt die wilde Welt so, dass sie nun sesshaft werden kann und ihrem Reich durch ihre Pflege und Aufmerksamkeit zur Blüte verhilft. Weil sie z.B. ihre Tiere gut ernährt, bleiben sie auch bei ihr. Sie lernt darüber neue Schutztechniken, denn als Mitglied eines fest eingerichteten Ortes benötigt sie ganz andere Schutzvorrichtungen als eine umherziehende Nomadin. Ihr drohen andere Gefahren als der Jägerin. Sie selbst hat wenig Einfluss auf das Wetter, von dem aber jetzt ihre Ernte abhängt und kennt aus diesem Grunde ritualisierte Handlungen, welche die Wettergeister freundlich stimmen. Sammelt sie zu viel Reichtum um sich, lockt sie hungrige Diebe an. Lebt sie nicht in einem sozialen Verbund einer Gemeinschaft, kann sie die Arbeit nicht schaffen und ist zu verletzlich, da sie auf ihre wilde unabhängige Bewegungsfreiheit verzichtet hat. Deshalb ist ihr bewusst, dass sie ihre Beziehungen festigen und in stetem Austausch bleiben muss. Sie hat das zentrale Bedürfnis, zu nähren und schützen und ihr Gebiet in eine sichere Basis zu verwandeln, auf der es sich leben lässt.

(1) Zitat aus: Richard Thrunwald, Primitive Initiations- und Wiedergeburtsriten, Eranos-Jahrbuch 1939, VII

Artikel ist in leicht veränderter Form dem Buch von Ulla Janascheck entnommen: Göttinnenzyklus, von weisen Frauen, ihren Künsten und Wirkstätten, Arun Verlag


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