Uranus in Fische - Teil 1

Von Monika Heer

 Seit Silvester 2003 läuft Uranus durch die Fische, das letzte Zeichen des Tierkreises, im März 2011 wird er endgültig in den Widder wechseln. Auf halber Strecke möchte ich eine erste Bilanz ziehen, mit dem Ziel, die tiefgreifenden gesellschaftlichen Umwälzungen einmal im Kontext der Transite von Uranus und Neptun zu reflektieren. Die dreifache Konjunktion von Neptun und Uranus im Zeichen Steinbock 1993 kann als Auftakt von Veränderungen gesehen werden, die sich weltweit in rasanter Geschwindigkeit vollziehen. 
    Mit dem Fall der Mauer in Berlin (unter einer Saturn Neptun-Konjunktion im Steinbock!) wurde zunächst die deutsche Teilung nach fast 45 Jahren aufgehoben. In der Folge fiel der eiserne Vorhang und die alten politischen Machtblöcke von Ost und West brachen auseinander. Heute bewegen wir uns in einer globalisierten Welt, die von vielen Menschen als unsicher und sogar bedrohlich erlebt wird. Der Verlust sozialer Sicherungssysteme wirkte gerade in Deutschland in den letzten Jahren lähmend. Werteverfall, Orientierungslosigkeit und Zukunftsängste machen die Runde. In einer Weltgemeinschaft, die als globales Dorf funktionieren soll, sucht jede/r individuelle Strategien, um wachsende Anforderungen zu bewältigen. Umdenken und hohe Flexibilität ist gefordert, doch manche (wieviele?) schalten einfach ab und geben auf.

Betrachtet man diese Zeit des Umbruchs jedoch aus einer übergeordneten astrologischen Perspektive, so fällt auf, dass Uranus und Neptun in den zwei letzten Zeichen eine Auflösung alter Strukturen fordern, die zwar schmerzhaft und schwierig, aber offenbar zwingend notwendig ist. Der Blick auf die Rhythmen der Gestirne erlaubt, die aktuellen Krisen (auch) als Chancen zu begreifen und nach kreativen Lösungen zu suchen, denn das Festhalten an alten Strukturen, so verständlich es auch sein mag, ist keine adäquate Strategie. Und astrologisch gesehen bleibt immerhin der Trost, dass ein Endpunkt mit dem Eintritt Neptuns in das Zeichen Widder genau datiert werden kann, es ist der 26. Januar 2026. Auf diesem Hintergrund habe ich einige der letzten Phasen, in denen Uranus im Zeichen Fische stand, untersucht. Dabei zeigen sich spannende Zusammenhänge, die Mut machen, nach neuen Wegen zu suchen und nicht in Selbstmitleid zu versinken oder den Kopf in den Sand zu stecken.

Vorab die Ingress-Daten des Zeichen-Eintritts von Uranus in Fische und Uranus in Widder, außerdem einige Schlüsselbegriffe zu Uranus.

Ingress-Daten* von 1500 bis 2011

Uranus in Fische Uranus in Widder
08. Juni 1500 07. Februar 1509
11. April 1584 25. Januar 1593
19. März 1668 19. März 1676
29. Februar 1752 11. Februar 1760
29. April 1835 10. Februar 1844
01. April 1919 13. Januar 1928
10. März 2003 12. März 2011

* Es handelt sich hierbei jeweils um den ersten Eintritt ins Fische-Zeichen und den endgültigen Ingress ins Zeichen Widder.

Schlüsselbegriffe zu Uranus
Uranus gilt seit seiner Entdeckung durch William Herschel 1781 als erster Planet in der Reihe der sogenannten Trans-Saturnier. Plötzliche Umbrüche und unkonventionelles Verhalten sind seine Spezialität, Regelbrüche, Sprunghaftigkeit und Mutationen, Elektrizität und technische Erfindungen, geniale Geistesblitze und Utopien gehören in den Schlagwortkatalog des Uranus, kurzum: Er ist der kettensprengende Revoluzzer, der den Duft der Freiheit liebt, keine Einschränkung verträgt und ein Faible für alle ver-rückten Ideen hat. Auch astronomisch gesehen tanzt er aus der Reihe, während andere Planeten um eine Achse rotieren, die nahezu senkrecht zur Ekliptik steht, verläuft die Achse des Uranus fast parallel zur Ekliptik.

Uranus und die Szenarien der Revolution
Der Zeitraum zwischen 1835 und 1844 soll in einem ersten Schritt untersucht werden. Im Bereich der bildenden Kunst lässt sich hier ein gewisser Leer-Raum konstatieren, die deutsche Romantik mit Malern wie Carl Spitzweg und Dichtern wie Novalis findet einige Jahrzehnte früher statt, erlösungssehnsüchtige Prä-Raffaeliten treten in England erst ab 1848 in die Öffentlichkeit. Andere Phasen hingegen zeigen gerade in der Kunst, seit jeher DIE Plattform des Fische-Themas in der Welt (1), beeindruckende uranische Mutationen.

Doch auch ohne die plakativen Beispiele aus der Kunstgeschichte wird die Signatur eines Uranus in Fische zwischen 1835 und 1844 deutlich. Überall in Europa sind politische Unruhen zwischen Restauration und Revolution zu beobachten. Die Jahre zwischen 1835 und 1844 gelten mit Fug und Recht als Phase des Übergangs, als eine Vorbereitung für zukünftige Umwälzungen. Unspektakuläre Dinge geschehen, die jedoch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Kontext der Industrialisierung bahnbrechend wirken. So fährt 1835 die erste Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth, 1842 wird die Strecke von Köln nach Minden eingeweiht. Im Ruhrgebiet investieren Kaufleute Millionen Goldtaler um die Kohle zu erschließen, die unter den Gesteinsschichten lagert, erste Maschinenfabriken entstehen. Karl Marx und Friedrich Engels lernen sich 1844 kennen und beginnen ihre gemeinsame Arbeit für die Sache des Proletariats.

delacroix-liberty
        Eugène Delacroix, La Liberté guidant le peuple,1830

Einen Uranus-Umlauf früher, zwischen 1752 und 1760 (respektive zwischen 1744 und 1752 mit Uranus im Wassermann), finden wir weitere wichtige Daten für eine Chronologie der Umbrüche und Mutationen. Es ist das Zeitalter der Aufklärung, Charles de Montesquieu und Jean Jacques Rousseau, die Vordenker der französischen Revolution, veröffentlichen ihre politischen Schriften. 1748 erscheint Montesquieus großes Werk über die Gewaltenteilung „Vom Geist der Gesetze“ und wird 1751 von der katholischen Kirche auf den Index gesetzt. 1755 publiziert Rousseau seine „Abhandlung über Ursprünge und Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen“. 1751 werden die ersten zwei Bände der Encyclopédie von Denis Diderot und Jean D`Alembert herausgegeben. Sie fielen ebenso wie Rousseaus Schrift unter die Zensur. Doch die neuen Ideen und Gedanken waren nicht aufzuhalten, spätestens 1789 mit der französischen Revolution wurden sie manifest. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit! So lautete bekanntlich das Motto der Stunde. Die Positionen der Trans-Saturnier am 14. Juli 1789, als das Volk in Paris die Bastille stürmte: Uranus in Löwe, Neptun in der Waage und Pluto im Wassermann.

Uranus und die Kunst
Ein uranischer Sprung zum nächsten Thema sei gestattet. Welche Veränderungen und Mutationen sind zwei Uranuszyklen später zu beobachten? Uranus wechselt am 1. April 1919 vom Wassermann in die Fische. Ich gehe davon aus, dass die Ereignisse um die erste deutsche Revolution hinlänglich bekannt sind, für die weniger Geschichtskundigen hier ein paar Eckdaten: Die Novemberrevolution von 1918 besiegelte den Sturz des Kaiserreichs endgültig, die Wahlen zur verfassungsgebenden Nationalversammlung mit der Einführung des Wahlrechts für Frauen fanden im Januar 1919 statt und die Ausrufung der Münchner Räterepublik im April 1919.

Fast auf den Tag genau mit dem Zeichenwechsel von Uranus, nämlich am 31. März, wird das Bauhaus in Weimar gegründet. Unter dem Motto „Gutes Design für alle“ entstanden Möbel und Gebrauchsobjekte, Industriebauten und Wohnhäuser. Schlicht, funktional und doch elegant und bis heute wegweisend waren die Produkte der Bauhaus-Künstler, Designer und Architekten. Die dahinterstehende Utopie, von Walter Gropius in einem Manifest niedergelegt, forderte nichts weniger als die Einheit aller bildenden Künste.

Im Rückblick sind diese Jahre nach dem ersten Weltkrieg für die künstlerische Avantgarde in Deutschland ungemein fruchtbar, die international agierende Dada-Bewegung artikulierte ihren Protest in den Großstädten Berlin und Köln. Das Spiel mit der Sprache, die künstlerische Collage und das Montageprinzip waren bevorzugte Stilmittel. Worte, Wortschnipsel, Fotos und Bilder wurden „montiert“, um zu provozieren und zu schockieren. Brecht entwickelte das Montageprinzip für sein proletarisches Theater gegen die Illusion von der heilen Welt, der Theaterbesucher sollte nicht eingelullt, sondern aufgeweckt werden. Man war gegen die Kunst, gegen das Bürgertum und überhaupt gegen jegliche Konvention. Viele Künstler der frühen zwanziger Jahre agierten im Namen der Revolution und sympathisierten mit Sozialisten und Kommunisten. Mit Neptun in Löwe ist aber auch ein gewisser Personenkult zu beobachten. Im Rückblick fällt es leicht, hier den Uranus in Fische am Werk zu sehen, das widerständische Moment sucht in der Kunst nach Utopien und nutzt den Zusammenbruch des Kaiserreichs als Chance auf eine bessere und ideale Welt.

Ein vergleichbar revolutionäres Konzept in der aktuellen Phase mit Uranus in Fische vertritt der englische Künstler Banksy. Er inszeniert sich als ein durch und durch neptunisches Phänomen, ja als Phantom. Bis heute weiß niemand, wer Banksy ist, doch alle reden über ihn und seine Kunst erzielt Höchstpreise. Er begann als illegaler Sprayer auf den Straßen Londons, sein Markenzeichen ist die mit Schablonen schnell dahin gesprühte Ratte. Heute kostet ein original Tag (das ist nur seine gesprayte Signatur) 8500 Dollar.

banksy-graffiti
Foto eines Graffiti von Banksy, Bildquelle: [[www.banksy.co.uk/]]


Der unsichtbare Banksy spielt mit dem Kunstbetrieb nach seinen eigenen Regeln, indem er sich als Person entzieht und gleichzeitig seine Spuren für alle sichtbar hinterlässt. Einmal brach er nachts bei den Pinguinen im Londoner Zoo ein, um dort ein riesiges Transparent anzubringen. Darauf erklärten die Pinguine „We are bored of eating fish“. Im Internet kursieren Fotos von einer Banksy-Aktion in Amerika, denn der Künstler agiert natürlich global. Mitten im Disneyland platzierte er eine lebensgroße Puppe, die gekleidet wie ein Guantanamo-Häftling mit Handschellen gefesselt war. Und In New York schmuggelte er einen „echten“ Banksy in die Sammlung des MoMA. Zu sehen war eine Suppendose von Tesco, der britischen Supermarktkette. Wer die berühmten Suppendosen des Andy Warhol kennt, erkennt den subversiven Humor der Aktion. Es dauerte übrigens sechs Tage, bis der Schwindel auffiel.

Fortsetzung siehe "Uranus in Fische - Teil 2"

Anmerkungen und Literaturhinweise
(1) Ich beziehe mich hier auf die Erhöhung der Venus in den Fischen, auf den alten Herrscher Jupiter in seiner Rolle als Mäzen und auf die hinlänglich bekannten „keynotes“ des Fische-Zeichens als da wären Traumwelt, Imagination, Phantasie, Inspiration, sensibles Chaos usw.

Brockhaus-Enzyklopädie, 19. Auflage, Mannheim 1987
Peters Synchronoptische Weltgeschichte, Frankfurt 1952

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