HomeGrundlagen & DeutungenGeschichte der AstrologieDer Planet Mars im Wandel der Zeiten - Teil 1

Der Planet Mars im Wandel der Zeiten - Teil 1

mars-riegel-klein Von Monika Heer

Mars bringt verbrauchte Energie sofort zurück! Dieser bekannte Werbeslogan eines Schokoladenherstellers mag als erstes Beispiel dienen, um die Verflechtungen von Astrologie mit Kultur und Zeitgeist zu illustrieren. Dass der Schokoriegel mit dem Namen eines Kriegsgottes geschmacklich eher klebrig und süß daherkommt, ist natürlich ein Widerspruch in sich. Mars ist heiß und scharf! Das wussten schon die Astrologen der klassisch-griechischen Antike.

mars-sternwelten
Trotzdem funktionieren Mars-Werbespots seit mehr als 40 Jahren mehr oder weniger erfolgreich und der Trick, mit dem uns der Planetenriegel (Anm. 1) als magische Speise offeriert wird, ist von Werbepsychologen strategisch durchkalkuliert. Eine komplexe Synthese aus Sinnesreizen verankert die Produktbotschaft in den Sphären des Unterbewussten. Und als Ergebnis meldet unser Bewusstsein zurück, dass Energie grenzenlos verfügbar ist, solange nur für einen hinreichend großen Vorrat an Mars-Riegeln gesorgt wird.

Warum beginne ich meine Abhandlung zu Astrologie, Kultur und Zeitgeist mit einem Beispiel aus der Alltagskultur? Das ist Zeitgeist! Ebenso wie die Tatsache, dass wir in der modernen Mediengesellschaft permanent mit Bildern überflutet werden und in Folge dieser Reizüberflutung den antiken Göttinnen und Göttern respektive den astrologischen Bildern heute anders begegnen als eine griechische Tempelpriesterin vor rund 2000 Jahren, der persische Mathematiker-Astronom des 7. Jahrhunderts oder ein Stundenastrologe im 17. Jahrhundert.

Gleichwohl erscheint Astrologie seit rund fünftausend Jahren als eine mehr oder weniger gleichbleibende Lehre, die den gestirnten Himmel über uns und das Leben auf der Erde als geheimnisvolle Einheit begreift.
Natürlich kann der weise Gelehrte des 21. Jahrhunderts nicht einmal mehr einen Blumentopf gewinnen, geschweige denn Ruhm und Ehre, wenn er Astrologie zum Forschungsobjekt erhebt. Es gehört zum Duktus des kritischen Intellektuellen, sich von der Ausübung der Astrologie zu distanzieren und sie als Aberglaube abzutun.

Dennoch lesen laut statistischer Umfrage mehr als 90% der Deutschen ihr Horoskop in der Tageszeitung. Doch nur eine kleine Minderheit betreibt Astrologie ernsthaft und weiß die uralte Lehre wahlweise als Entscheidungshilfe, Lebensberatung oder anspruchsvolles komplexes Erklärungssystem zu schätzen. Auch das ist Zeitgeist!

Dabei lassen sich - losgelöst vom aktuellen fachlichen Disput zwischen Stundenastrologen und psychologischen Astrologen - zwei gegensätzliche Sichtweisen ausmachen, die wiederum mit grundlegenden Haltungen und Einstellungen zur Astrologie korrespondieren.

1. Astrologie ist die Lehre von Urprinzipien, die losgelöst von Zeit und Raum schon immer existierten und allgemeingültige, ewige Wahrheiten darstellen. Astrologie beschreibt eine Welt hinter den Dingen und dient der Erkenntnis dessen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Wer Astrologie lernt, kann also dem lieben Gott, sofern er existiert, in die Karten gucken und menschliches Schicksal lesen und deuten.

2. Astrologie ist eine Kulturleistung des Menschen und ein wichtiger Bestandteil des abendländischen Kulturerbes. Die astrologischen Symbole existieren nicht im luftleeren Raum, ihre Bedeutung wandelt sich im Kontext gesellschaftlicher, soziologischer und kultureller Veränderungen. Eine Beschreibung der Symbole muss deshalb immer als Diskurs verstanden werden, der ohne seinen historischen Kontext nur die halbe Wahrheit enthüllt.

Ich möchte diese beiden Positionen im folgenden genauer beleuchten und Sie zu einer kleinen  Zeitreise durch die Jahrtausende einladen, um sowohl den Bedeutungswandel als auch eine Kontinuität der astrologischen Symbole am Beispiel des Mars zu skizzieren.

Das Mars-Prinzip in der zeitgenössischen astrologischen Literatur

Einige Schlagworte sollen den Begriffspool für Marsthemen und Marsprobleme umreißen, der heute in einer astrologischen Beratung zur Verfügung steht. Es handelt sich um eine relativ willkürliche und beliebige Auflistung aus einigen Standardwerken der letzten 50 Jahre.

Einsatzbereite Aktivität, Kraft in Bewegung, freiflottierende Energie. (Gertrud Hürlimann)

Lust an der Aktivität, Kampfinstinkte, Durchsetzungskraft, vorwärts drängen, nie Halt machen, die männlich erobernde Seite in der Beziehung der Geschlechter. (Fritz Riemann)

Muskelkraft, Zwang zur Energieabfuhr, Potenz, Aggressionen, der Biss, Tatendrang, Eigeninititaive. (Peter Orban)

Sexualtriebe und fortbewahrte Ur-Aggression, Trieberregbarkeit, Antriebskraft und je nach Organisationsgrad ausbrechender Jähzorn, aber auch Sadismus sowie Masochismus, im eigentlichen Sinne die Antriebskraft bzw. durch seine Tätigkeit sich bestimmende Mensch. (Thomas Ring)

Mars in der Astrologie des 20. Jahrhunderts steht also offensichtlich in erster Linie für  Willens- und Tatkraft, seine Stellung im Horoskop beschreibt, wie und wofür ich kämpfe, ob und auf welche Weise ich meinen Willen durchsetzen kann.
Zusätzlich wird Mars auf dem Hintergrund der Psychologie Carl Gustav Jungs als archetypische Energie gedeutet. Er ist der Animus, das Partnersuchbild im Horoskop einer Frau und gibt Auskunft darüber, welche Männer eine Frau attraktiv findet und als Seelenpartner anziehen möchte. Im Horoskop des Mannes hingegen wird die individuell-spezifische Eroberungsstrategie sichtbar.

Ein Novum in der Astrologiegeschichte ist hier zu beobachten, denn Mars - und  Venus als Anima - werden geschlechtsspezifisch gedeutet. Eine Errungenschaft der Moderne wird in den astrologischen Deutungskanon aufgenommen, nämlich die Unterscheidung von „Sex“ und „Gender“, wobei „Sex“ das biologische Geschlecht bezeichnet, „Gender“ hingegen die sozialen Rollen von Mann und Frau.

Doch jetzt beamt uns die Zeitmaschine erst einmal rund 5000 Jahre zurück, zu den Anfängen der Astrologie. Auf nach Mesopotamien! ---> Teil 2

Anmerkungen
1 - Der einprägsame Slogan ist offenbar schon 1966 kreiert worden, die aktuelle Aufforderung zum Verzehr lautet in Anklang an einen Erfolgshit der Neuen Deutschen Welle: Nimm Mars, gib Gas!
Quelle: http://www.reklameblogger.de/2007/02/25/mars-slogans-im-zeitraffer/

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