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Neue alte Weiblichkeits-Konzepte - Lilith und die Kleinplaneten Ceres, Pallas, Juno und Vesta

Von Vesna Ivkovic

 Besonders viele Frauen interessieren sich für die Astrologie als Instrument zur Entdeckung und Erforschung der eigenen Psyche, eigener Lebens- und Beziehungssituationen. Wie kommt es also, dass die vor etwa 200 Jahren entdeckten Kleinplaneten Ceres, Pallas, Juno und Vesta auch heute noch so wenig astrologische Beachtung finden? Und das obwohl die zeitgenössische Astrologie meist mit nur zwei weiblichen Archetypen operiert: Mond und Venus, den Symbolen für die Weiblichkeitskonzepte „Mutter“ und „Geliebte“.
Beides sind Archetypen, die sich durch den Bezug zu einem Anderen definieren, d.h. es sind die Formen von „Weiblichkeit“, die ein männliches Bewusstsein in Bezug zu sich selbst erleben kann. Weiblichkeitskonzepte, die sich nicht durch den Bezug zu einem Anderen definieren, für die sich in der Welt der Mythen reiche Bilder finden, sind in der Astrologie weitgehend verlorengegangen, sie scheinen höchstens noch in den Qualitäten der Tierkreiszeichen auf. Astrologie ist ein System symbolischer Bilder und da die symbolischen Ordnungen unserer abendländischen Kultur, die auf der Konzeption von Dualismen gründen, insbesondere bestimmt sind von der Polarität zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit (dem „Ich“ und dem „Anderen“) scheint es mir bedeutsam den Umgang mit dieser Polarität innerhalb der Astrologie zu beachten – und dabei spielt der Umgang mit den Kleinplaneten eine wichtige Rolle.
Bereits die räumliche und zeitliche Positionierung der Kleinplaneten – räumlich zwischen Mars und Jupiter, also den Sphären persönlichen und sozialen Seins angesiedelt, zeitlich zwischen Uranus und Neptun stehend (entdeckt wurden die Kleinplaneten zwischen 1801 und 1807) als die fehlende Verbindung von aufklärerisch-rationalem, befreienden Geist und empfindsam-spiritueller Hingabe an die Einheit allen Seins – macht auf astrologischer Ebene deutlich, was Soziologie, Psychologie und andere Kultur- und Gesellschaftswissenschaften in den letzten Jahrzehnten „entdeckten”: es sind die traditionell als weiblich angesehenen, aber auch aus den Vorstellungen von Weiblichkeit verdrängten Fähigkeiten und Eigenschaften, die unserer Gesellschaft fehlen. Die Kleinplaneten Ceres, Juno, Pallas und Vesta sind – ebenso wie der sogenannte Schwarze Mond, Lilith – astrologische Repräsentanten dieser seit der Frauenbewegung wieder ins Bewusstsein drängenden Facetten lange verdrängter Weiblichkeit.

Frauen-Bilder im Kino
Deutlicher als in den vergangenen Jahrhunderten, die das Bild der Frau in der Kunst (wie auch im Leben) häufig auf die Konzepte „Mutter“ und „Geliebte“ reduzierten, zeigen sich heute auch andere Weiblichkeitsbilder in Gesellschaft und Kultur – zum Beispiel im Kino. Und diesen „neuen” - eigentlich wiederentdeckten und zurückgewonnenen, dann modernisierten – Frauenbildern wird die Astrologie nur gerecht, wenn sie die lange ignorierten Kleinplaneten endlich einbezieht in ihr Weltmodell.
Die in der Mythologie verborgenen alten Bilder für andere Formen von Weiblichkeit wirken heute so fremdartig, dass sie scheinbar nur schwer ins Zeitgenössische zu übersetzen sind. Und doch ist es überaus spannend, nach Bildern für die verloren gegangenen, verleugneten, verborgenen weiblichen Archetypen zu fahnden – gerade auch im Kino. Das zeitgenössische Kino bietet eine Fülle von Frauenfiguren, die mit dem um die Kleinplaneten und Lilith, den sogenannten „Schwarzen Mond“ erweiterten astrologischen Instrumentarium sehr viel tiefgehender verstanden und interpretiert werden können – erst wenn wir die entsprechenden Konzeptionen von Weiblichkeit anhand der Kleinplaneten wahrnehmen und benennen können, können wir die Komplexität mancher Frauenfiguren erfassen. Solange wir kein (symbolisches) Bild haben – das wissen wir nun schon lange – so lange ist die Existenz einer Gestalt sehr zweifelhaft (wie etwa die unfotografierbaren „Geister“ oder auch spiegelbildlose Vampire).

Lilith – Die gefährliche Frau
Als Archetyp der „wilden Frau“ hat Lilith Einzug gehalten in die Astrologie: die Hexe, die Rebellin, die Kindsmörderin... Das Spektrum ist weit und beinhaltet alle gefährlich erscheinenden und beängstigenden Vorstellungen von Weiblichkeit, die sich in den Jahrhunderten patriarchalen Kampfes gegen weibliche Macht angesammelt haben.
Auch für Lilith gibt es in unseren Bilderwelten bislang nur wenig wirklich hilfreiche Vorstellungen. Als „femme fatale“ findet sie im Kino häufig Ausdruck, allerdings einen meist etwas einseitigen – den der männlichen Angst-Lust-Phantasie. Doch ein genauerer Blick auf Filme wie „Basic Instinct“ (Paul Verhoeven, 1992), der die männliche Angst-Lust angesichts weiblicher Gewalt und aggressiver weiblicher Sexualität thematisiert oder auch – ganz aktuell – „X-Men 3 – Der letzte Widerstand“ (Brett Ratner, 2006), in dem es letztlich um mörderischen Zorn über die Unterdrückung weiblicher Potentiale und Kräfte geht, erschließt die Hintergründe dieser „gefährlichen Frau“.

Pallas – Im Namen des Vaters?
Mit dem Einzug der „phallischen Frau“ in den Action-Film fand in den letzten Jahren insbesondere der Archetypus der „Vatertochter“ den Weg ins kollektive Bewusstsein und führte damit zu einer Erweiterung des Spektrums weiblicher Rollenmodelle. Mit diesen Lara Crofts, Charlie’s Angels, Clarice Sterlings und auch Beatrix Kiddos entdecken wir einen Teil des Pallas-Archetypus – noch sehr an den Vater (bzw. die entsprechende Vaterfigur) gebunden und ihm dienend in den ersten drei genannten Fällen, gegen ihn rebellierend und ihn tötend in „Kill Bill“. Auch wenn sie noch immer häufig reduziert wird auf ihre Beziehung zum Mann als Vater – und in dessen Nachahmung oder der Rebellion gegen ihn verhaftet bleibt, so ist von den durch die Kleinplaneten symbolisierten Archetypen doch Pallas im zeitgenössischen populären Film der beliebteste. Und zunehmend wird den Kinoheldinnen der Gebrauch von Waffen und Gewalt zugestanden, auch ohne diesen immer durch moralische oder psychologische Rechtfertigungen zu legitimieren.
Lassen die aufkommenden neuen Bilder darauf hoffen, dass Attribute wie Aggressivität, Gewalt, Macht und Autorität zurückfinden in die Konzepte von Weiblichkeit? Es ist höchste Zeit, sie auch astrologisch zu integrieren – gerade die Tatsache, dass Frauen häufig Schwierigkeiten mit ihrer Mars-Energie haben macht für mich deutlich, dass wir hier neue Wege suchen müssen.

Ceres – Eine andere Mütterlichkeit
Ceres taucht im Kino hier und da als Matriarchin auf, im italienischen Neorealismus zum Beispiel als „La Mamma“ – doch unterscheidet sie sich von einem Mond-Archetypus hier nur, wenn sie nicht nur mütterliche Macht, sondern auch die Herrschaft über alle anderen Belange ihres Clans auf sich vereint. Ein wunderbares Beispiel für eine Ceres im Film findet sich jedoch in „Antonias Welt“ (Marleen Gorris, 1996): die Titelfigur Antonia ist eine solche Matriarchin, die in völliger Unabhängigkeit von männlicher Macht ihrem Clan vorsteht. Ohne den Ceres-Archetyp lässt sich astrologisch kaum eine schlüssige Übersetzung für sie finden, denn diese Figur ist nicht nur Mutter, vertraut mit Geburt und Tod gleichermaßen und dabei sowohl vernünftig und pragmatisch wie sinnenfroh, sie hat auch einen sehr starken Bezug zu Erde und Heimat, arbeitet als Bäuerin und unterstützt doch künstlerische wie intellektuelle Ambitionen; Antonia nährt, erzieht, verteidigt, sorgt in jeder Hinsicht für ihre Familie – die sie selbst definiert und nicht von gesellschaftlichen Normen und Gesetzen abhängig macht.
Diese Verbindung von Nähren und Erziehen, von Fürsorglichkeit und gleichzeitiger Anregung zu Selbständigkeit und Freiheit lässt sich mit dem Mond als Symbol kaum beschreiben, ganz gleich in welchem Zeichen man ihn liest – entweder geht die Fürsorge, das Nährende verloren, z.B. bei einem Schütze- oder Wassermann-Mond, oder das Loslassen und zum Erwachsensein erziehen bleibt auf der Strecke wie beispielsweise bei Krebs- oder Skorpion-Mond. Ceres kann hier von unschätzbarem Wert sein als Bild „vollständigerer“ Mütterlichkeit.

Juno – Teilhaberin des Himmels
Wo im Kino findet sich die Partnerin, die auf gleichem Recht besteht und dafür auch mit allen Mitteln kämpft? Teilweise sehen wir sie in Kathleen Turners Figur in dem satirischen Scheidungsdrama „Der Rosenkrieg“ (Danny de Vito, 1989). Deutlicher noch finden wir Juno in den für „ausgleichende Gerechtigkeit“ sorgenden, verlassenen Ehefrauen im „Club der Teufelinnen“. Die Mythen erzählen so manche Geschichte davon, wie Hera (die griechische Form der römischen Juno) ihren Gatten Zeus für seine Untreue strafte. Und wie Zeus haben auch die Ehemänner im genannten Film selten etwas daraus gelernt – über Verbindlichkeit, Ehrlichkeit und Partnerschaft. Leider findet sich der Juno-Archetypus im patriarchal codierten Kino sonst meist nur als unschöne Karikatur, als „Witzfigur“ oder „Zicke“; auch im „Club der Teufelinnen“ schwingt manchmal ein wenig von diesem lächerlich machenden Blick mit, wenn in den drei Hauptfiguren sichtbar wird, wie sehr sie sich von den „Venus-Figuren“ (den Geliebten ihrer Ex-Ehemänner) unterscheiden und mit wie viel verinnerlichter Selbstverachtung sie selbst diese Unterschiede wahrnehmen. Doch die drei humorvollen Hollywooddamen Bette Midler, Diane Keaton und Goldie Hawn zeigen zum guten Schluss doch die Selbstsicherheit und den Triumph einer Hera, die es – als Herrin des Olymp – nicht nötig hat sich mit Aphrodite zu messen.
 
Vesta – Nur sich selbst gehören
Bilder für den Archetyp der Vesta finden wir in den wenigen Nonnen, Künstlerinnen oder auch aufopferungsvollen Dienerinnen (nur wenn sie sich nicht aus persönlicher Liebe aufopfern!), die allein für ihre innere Aufgabe leben, aus ihrem eigenen inneren Feuer heraus. Etwas davon steckt in der von Juliette Binoche gespielten Krankenschwester in „Der englische Patient“ (Anthony Minghella, 1996) – um ihrer Berufung nachzukommen, sorgt sie für sich selbst ebenso gut wie für ihren Patienten, dessen Wohlbefinden sie sich zur Aufgabe gemacht hat. In ihr finden wir auch das Kriterium der sexuellen Selbstbestimmtheit erfüllt, das Vesta eigen ist – diese Figur ist frei, ihre Sexualität nach ihren eigenen Wünschen zu leben und bleibt dabei immer sich selbst gehörend.
Auch in Frida Kahlo – jedenfalls in der Figur im gleichnamigen Film, „Frida“ (Julie Taymor, 2003) – zeigt sich Vesta, denn es ist ein inneres Feuer, das sie brennen, die Konzentration auf ihre Kunst, die sie leben lässt und der einzige Maßstab nach dem sie ihr Leben ausrichtet ist sie selbst. Auch sie gehört – trotz Ehe und verschiedener Liebesbeziehungen – immer nur sich selbst. Und ihrer Kunst. Der Vesta-Archetyp steht für all die Frauenfiguren, die ihre Lebensenergie dafür einsetzen und daraus beziehen, sich einer von ihrem Inneren diktierten Aufgabe zu weihen, einer Aufgabe, die zumeist eine Verbindung mit spiritueller Weisheit, mit besonderem Wissen, mit Kunst oder höherer Inspiration beinhaltet. Im populären Film gibt es da leider nur wenig Beispiele.

Den alten Archetypen wieder auf die Spur zu kommen, Verdrängtes, Verleugnetes und Vergessenes wieder aufzuspüren und dabei neue Bilder für „Weiblichkeit“ zu entdecken und zu schaffen – über die Ideen eines „weiblichen“ Mars, eines „weiblichen“ Jupiter, Saturn etc. hinaus –, das wird möglich mit einer Integration der Kleinplaneten (und Lilith) in das astrologische Zeichensystem. Mit den Gestalten von Lilith, Ceres, Pallas, Juno und Vesta als mögliche symbolische Konzeptionen für Filmheldinnen wird es zweifellos wieder spannender, sich mit den Frauenfiguren im Kino zu beschäftigen.

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