In den ältesten, noch erhaltenen, astrologischen Aufzeichnungen werden nur die Planetenpositionen in den Tierkreiszeichen genannt. Erst zu Beginn der hellenistischen Astrologie werden der Aszendent eingeführt und die zwölf Horoskophäuser, die im Mittelalter - höchst lakonisch - mit je einem Wort pro Haus benannt werden.
Die Benennung der Häuser
1. Haus | vita | das Leben |
2. Haus | lucrum | der Gewinn |
3. Haus | frates | die Geschwister |
4. Haus | genitor | die Erzeuger |
5. Haus | nati | die Geburten |
6. Haus | valetudo | die Fähigkeiten |
7. Haus | uxor | die Gemahlin |
8. Haus | mors | der Tod |
9. Haus | pietas | die Frömmigkeit |
10. Haus | regnum | die Herrschaft |
11. Haus | benefactaque | die Wohltäter |
12. Haus | carcer | der Kerker |
Wie weit diese Benennungen aufgefächert wurden, ist nicht bekannt. Die Deutungen wurden ja mündlich vorgebracht, deshalb sind schriftliche Aufzeichnungen kaum erhalten.
Wir arbeiten heute mit einer Vielfalt von Deutungen für ein Haus, die aber immer den Deutungskern in sich tragen. So werden wir sicher bald einmal erfahren, dass das MC und das 10. Haus, auch unseren Vater symbolisiert. Nun, meiner war ein netter Mann, immer gut rasiert, immer gut gelaunt – doch, was er mir mitteilte, kam selten zu meinem Verständnis. Ich überlege heute noch, ob dies an der Tatsache liegt, dass mein 12. Haus, sein 3. Haus in meinem Horoskop symbolisiert (das 3. von meinem MC ab gezählt). Ein Haus immerhin, dem wir uns zumeist mit allergrößter Vorsicht nähern.
Dann begriff ich, dass sein 6. Haus durch mein 3. gezeichnet wurde und schließlich war er ja auch mittätig, mir Geschwister zu beschaffen sowie darum bemüht, mir Umgangsformen beizubringen.
Sicher nicht leicht eingängig, wird ihm meine Art der Weltanschauung gewesen sein, liegt doch sein 12. Haus im 9. meines Horoskops.
Auf diese Weise kann ich die zwölf Häuser meines Vaters in meinem Radix sehen, und Du die zwölf Häuser Deines Vaters in Deinem Horoskop. Das Thema "Vater" war nur ein Beispiel, wie jedes einzelne Haus, als 1. Haus eines Themas betrachtet werden kann, um die ihm nachfolgenden elf Häuser in ihrer speziellen Deutung zu erfassen.
Gehe ich von meinem 1. zu meinem 6. Haus, dann komme ich zur Arbeit. Auch zur Arbeit an mir selbst. Beginne ich dieselbe Zählung ab dem 9. Haus, so komme ich zum 2. Haus meines Horoskops, dem Gewinn. Und dieser muss nicht immer materieller Art sein. Oder: mein 6. Haus sind meine Fähigkeiten, dessen 2. Haus ist das 7. Daraus folgt: Der Gewinn (2) durch meine Fähigkeiten (6), verschafft mir einen Partner (7). Aber auch der Gewinn (2) durch meine Unfähigkeiten (6), schafft mir einen Gegner (7).
Oder: das 2. Haus des 4., ist das 5. Haus. Habe ich Familie (4), dann besitze ich (2) Kinder und Liebe (5). Das 3. Haus vom 11. bringt mich zum 1.Haus, denn der Umgang (3) mit Freunden (11) bildet meine Persönlichkeit. So werde ich auch die lakonische Bezeichnung des Mittelalters, „Kerker“, für das 12. Haus verstehen lernen, denn dessen 2. Haus, ist mein 1. Haus, in dessen Besitz ich bin.
Auffallend deutlich ist immer das jeweils 7. Haus, also das gegenüberliegende, das scheinbar gegensätzliche. In Wirklichkeit gehören die beiden zusammen, da eines ohne das andere nicht sein kann. Wie man auch bald entdecken wird, dass jedes der zwölf Häuser des Horoskops die anderen elf Häuser braucht, um selbst existieren zu können.
Vielleicht ist es praktisch eine Liste anzulegen, in der zu jedem Haus die elf nachfolgenden verzeichnet sind. Als Beispiel hier das sechste:
Dessen 1. Haus ist das 6. des Radix
Dessen 2. Haus ist das 7. "
Dessen 3. Haus ist das 8. "
Dessen 4. Haus ist das 9. "
Dessen 5. Haus ist das 10."
Dessen 6. Haus ist das 11."
Dessen 7. Haus ist das 12."
Dessen 8. Haus ist das 1. "
Dessen 9. Haus ist das 2. "
Dessen 10.Haus ist das 3. "
Dessen 11.Haus ist das 4. "
Dessen 12.Haus ist das 5. des Radix.
Am Einfachsten wird es wohl sein, eine vor sich liegende Horoskopzeichnung zu haben und bei einem Haus beginnend, die gewünschte Anzahl Häuser weiterzuzählen. Will ich das 3. Haus des fünften wissen, komme ich zum 7.: Ich liebe (5), also spreche ich dies aus (3) und komme zu dem oder der Partner/in im 7. Haus.
Suche ich das 5. Haus des dritten, komme ich auch zum 7.: Ich spreche mit jemandem (3) und es wird Liebe (5) und führt zur Partnerschaft (7).
Viele der 121 möglichen Kombinationen, die sich nicht vom Ascendenten, sondern von einem anderen Haus herleiten, werden heftigstes Nachdenken erfordern oder zur Diskussion mit Freunden führen. Doch immer wieder werden wir einen tieferen Sinn in den Häuserbedeutungen finden, als jenen, den uns astrologische Lehrbücher vermitteln wollen.
Hierzu ein Beispiel: Ich beginne meine Zählung mit dem 2. Haus und suche dessen 8. Haus. Auf diese Weise komme ich zum 9. Haus. Der Verlust meines Besitzes (8), führt zu meiner Weltanschauung (9). Dies wäre die negative Deutung des 8. Hauses, doch es hat auch eine positive Seite: Das Loslassen von Besitz gehört zu meiner Weltanschauung. Nicht ohne Grund nennen Fachleute das 8. Haus auch das "okkulte" Haus!
Eines solltest Du aber bitte nicht vergessen: Ein Radix bleibt immer unverändert! Wir verschieben die Häuser nur zu jenem Zweck, den tieferen Sinn ihrer Bedeutung zu erkennen.
Frag mich nicht um Deutungen, die musst du dir selbst erarbeiten. Jeder von uns hat in der Zeit seines astrologischen Tuns andere Dinge gesehen, gehört oder gelesen und andere Erfahrungen gesammelt. Und jeder von uns hat ein anderes Weltbild in seinem Hirn. Das ist gut so, denn sonst wäre es langweilig hier!
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